Photos: Robert Sochacki.

Für die Architektur-Projektion auf die Erlöserkirche verwendet Robert Sochacki eine Auswahl von Bildmaterial aus seinem persönlichen Fundus wie aus dem Stadtarchiv Lüdenscheids. Bildmaterial aus dem Mittelalter zeigt u.a. Abbildungen des Grafen Engelbert und des Heiligen Medardus; aus der Handwerks- und Industriegeschichte Lüdenscheids stammen Fotografien von Materialien und Werkzeugen ebenso wie von alltäglichen Situationen im öffentlichen Leben; aus der Gegenwart stammen bewegte Aufnahmen von Menschen im Stadtraum. Turm und Kirchenschiff sind Projektionsfläche des sich kontinuierlich wandelnden Tableaus.

28. bis 30. April 2018, ab Sonnenuntergang
Erlöserkirche, Kirchplatz 11, 58511 Lüdenscheid

Großformatige Fassadenprojektionen sind zu einem Schwerpunkt der künstlerischen Arbeit von Robert Sochacki geworden. Er hat Malerei an der Kunsthochschule in Danzig studiert und später als Bühnenbildner und VJ gearbeitet. Gegenwärtig konzentriert er sich in seiner Arbeit als bildender Künstler auf performative Bildwelten, die er „Video-Malerei“ nennt. Gerade hat er seine Promotion zu Kunst im öffentlich Raum an der Kunstakademie Danzig erfolgreich abgeschlossen.

Seine Projektionen sind Montagen, die analoge und digitale, historische und zeitgenössische Bildwerke mit einander ins Spiel bringen. Sie sind nicht statisch, sondern verändern sich fortwährend, so dass Gebäudehülle und Bildinhalte vor den Augen der Zuschauer_innen immer neue Verbindungen eingehen. Seit 1997 ist er regelmäßig in Ausstellung und Projekten präsent, 2010 realisierte er seine erste großformatige Architekturprojektion im Rahmen des Ausstellungsprojektes NARRACJE in seiner Heimatstadt Danzig (pl).

Jetzt folgt er der Einladung der LICHTROUTEN-Kurator_innen Bettina Pelz und Tom Groll, um zum Auftakt des Stadtjubiläums eine neue Stadtintervention für Lüdenscheid zu entwickeln. Mit der Erlöserkirche wird das älteste Gebäude der Stadt wird zur Leinwand, um ein Kaleidoskop der Stadtgeschichte zusammenzutragen. „Ich finde es großartig ort-spezifisch zu arbeiten, da man viel Zeit an einem ausgesuchten Ort verbringt. Ich sehe mich hier als Gast. So sind für mich die Bewohner der Stadt die Besitzer und ich, bin ein Gast, der Geschichten erzählt. Das ist auch ein bisschen wie im Mittelalter, wenn Sänger durch die Städte zogen und auf dem Marktplatz ihre Geschichten vortrugen … . Ich machte eine wunderbare Erfahrung während des SEE DJERBA Projektes in Houmt Souk: Ich saß auf einem Teppich, und benutzte diesen als Arbeitsfläche oder Schreibtisch und arbeitete im öffentlichen Raum.“, sagte er in einem Interview mit Jule Kriesel. Wie ein „Minnesänger“ entwickelt Robert Sochacki auch sein Lüdenscheider Tableau. Minnelieder sind eine ritualisierte Form der gesungenen Liebeslyrik des 12. und 13. Jahrhunderts und der Begriff „Minne“ aus dem Mittelhochdeutschen lässt sich mit „liebevolles Gedenken“ übersetzen. Obwohl die Minnelieder sich thematisch überwiegend auf die Verehrung von adligen Frauen beziehen, sind sie nicht Liebeslieder im engeren Sinn. Das Besondere an dieser Poesie sind ausgefeilte Reime, eine komplexe Bildersprache und der konzeptionelle Aufbau. So lässt sich auch Robert Sochackis Arbeitsweise lesen: Er verbindet kunsthistorisches Wissen und lokale Geschichten, ästhetische Besonderheiten und poetische Kunstformen, komplexe Technik und maßgeschneiderte Codierungen und seine ganz eigene Sichtweise zu vielschichtigen Bildgefügen, in dem der vorgefundene Ort die Hauptrolle spielt.

Photos: Robert Sochacki.

Die evangelische Erlöserkirche steht im Zentrum der Altstadt und wurde 1072 erstmals urkundlich erwähnt. Durch die Jahrhunderte wurde sie vielfach renoviert und modifiziert, allein der Turm der Erlöserkirche ist aus dem 11. Jahrhundert erhalten. Der Turmschaft wird durch 180 Eisenanker in der Fassade gesichert. Sie sind zugleich das einzige Gestaltungsmerkmal der Fassade. „Der Turm ist Zeuge der Stadtgeschichte und ich spiele mit seinem Gedächtnis“ _ sagte Robert Sochacki im Laufe der Vorbereitungen im Gespräch mit Tom Groll. Analog zu der Metapher des Gedächtnisses lässt sich auch seine Arbeitsweise erklären:  Das Gedächtnis ist ein komplexes System, in dem Informationen und Erfahrungen zu Erinnerungen werden. Sie bilden ein Netz aus Informationen, die durch Engramme vernetzt werden. Diese Verbindungswege können je nach Nutzung stärker und schwächer ausgebildet werden und verändern sich fortwährend. Analog dazu basieren die Montagen von Robert Sochacki auf dem verfügbaren Pool von Bildern und Informationen und zeigen diese als veränderliche _ in Farbe, Form und Format und in ihren Beziehungen zu einander.

Zu den LICHTROUTEN war Robert Sochacki schon einmal in Lüdenscheid. Seine Arbeit am Wiedenhof gehörte 2013 zu den drei beliebtesten Installationen der LICHTROUTEN [Link]. Das große Format, die Farbigkeit und die fantastischen Bildwelten machten ihn zu einem Publikumsliebling. Jetzt ist er ein zweites Mal nach Lüdenscheid eingeladen, um eine neue, ort-spezifische Intervention zu realisieren. Dieses Mal nicht im Rahmen der LICHTROUTEN, sondern als Solitär zum festiven Auftakt des Stadtjubiläums.

Preview

Robert Sochacki entwickelt eine großformatige Architekturprojektion für die Erlöserkirche. Für seine Interventionen für Ausstellungen, Bühnen und öffentliche Räume verbindet Robert Sochacki Zeichnung und Malerei, Foto- und Videographie und Animation. Er entwickelt großformatige Wandbilder, die den Ort und seine Architektur zum Teil einer multimedialen Collage machen. >>

AUSGEWÄHLTE PROJEKTE
2018 | Hildesheim (de), EVI LICHTUNGEN
2017 | Houmt El Souk (tn), SEE DJERBA
2015 | Katowice (pl), TAURON NOWA MUZYKA
2013 | Lima (pe), LA NOCHE EN BLANCO
Seit 1997 | Regelmäßige Ausstellungstätigkeit, vor allem in Europa

WERDEGANG
2018 | Danzig (pl), AKADEMIE DER BILDENDEN KÜNSTE, Promotion
1991-1997 | Danzig (pl), AKADEMIE DER BILDENDEN KÜNSTE, Studium der Bildenden Kunst
1971 | geboren in Danzig (pl)

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